Was ist Lean Management?

Was ist Lean?
Was ist Lean Management?

Inhalt

Lean Management besteht aus mehreren Bausteinen. Es hilft zum Einen dabei, Prozesse zu strukturieren, zu vereinfachen und von Ballast zu befreien. Und zum Anderen stärkt es die Wirksamkeit der Mitarbeitenden, wodurch sich die Resilienz stärkt und die Unternehmensbindung verbessert.
Unternehmen werden schneller, agiler und steigern ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Um eine Antwort auf die Frage: “Was ist Lean Management?” geben zu können, schauen wir uns dieses System nachfolgend genauer an.

Lean falsch verstanden und doch überzeugend

Lean wird leider oft als ein Instrument zur radikalen Kostenreduktion missbraucht und prägt auf diese Weise die öffentliche Wahrnehmung.
In meiner Praxis erlebe ich täglich: Lean ist so viel mehr, wenn es richtig verstanden und genutzt wird!

Lean nimmt Mitarbeiter in die Verantwortung.

In die Verantwortung, aktiv den Erfolg des Unternehmens mitzugestalten. Durch Lean entsteht ein Bewusstsein für die verfügbaren Ressourcen, weil alle Prozesse aus Sicht der Wertschöpfung betrachtet werden.

Woher kommt Lean?

Lean ist eine alternative Bezeichnung für das von Toyota entwickelte Managementsystem, welches als Toyota-Produktions-System (TPS) bekannt ist.
Kaizen, KVP (Kontinuierlicher-Verbesserungs-Prozess) oder Lean/Lean-Management basieren auf dem ursprünglich bei Toyota entwickelten System.

Heutzutage existiert eine Vielzahl von Namen, die sich alle auf das ursprüngliche TPS beziehen. Bekannt sind unter anderem die folgenden Bezeichnungen

  • Lean Thinking
  • Lean Enterprise
  • Lean Manufacturing
  • Lean IT

Lean - ein gesamtheitliches Managementsystem

Lean-Management wurde Jahrzehnte nur in „Laufbandbetrieben“ eingesetzt. Erst in den späten 1990ern entdeckten andere Branchen dieses System für sich.
Denn Lean-Management betrachtet im Kern die Themen Zeit, Kosten und Material. Ziel ist es, alle Prozesse unter diesem Blickwinkel kontinuierlich zu verbessern.

Ein weiterer Sockel bildet der Grundsatz „No Money, No Space, No People“. Er macht deutlich, dass keine zusätzlichen Investitionen nötig sein sollten.

Ein gesamtheitliches Managementsystem muss mehr bieten. Lean kann das.
Denn es setzt sich aus vielen Bausteinen zusammen, die erst als vollständiges Bild ihre ganze Kraft entfalten.
Die wichtigsten Bausteine stelle ich dir vor:

Lean Management Baustein: “Wertschätzend führen”

Höre ich in Unternehmen Sätze wie diese, weiß ich, dass Bedarf besteht.
„Nur wenn ich es mache, wird es gut“.
„Mitarbeiter wollen keine Leistung bringen und müssen kontrolliert werden“
oder:
„Du bist jetzt Führungskraft! Du darfst niemals Fehler zugeben!“

Diese Sätze verdeutlichen, welche Haltung der Sprecher seinen Mitarbeitenden gegenüber einnimmt. Der Leistungs- und Gestaltungswillen wird kontinuierlich ignoriert.
Lean Management geht hier schon seit den 50ern einen anderen Weg.
Führungskräfte verbringen einen großen Teil ihrer Zeit im Austausch mit den Mitarbeitenden. Sie beobachten, entwickeln und führen Mitarbeitende ständig weiter

Ziel ist es: Jeder einzelne Mitarbeiter soll stolz auf seinen geleisteten Beitrag im Unternehmen sein. Mitarbeitende sehen Sinn in ihrer Arbeit, erfahren sich als wirksam und stärken ganz nebenbei ihre Resilienz.

Ein wertschätzender Umgang schafft ein System, indem Mitarbeitende als Leistungsträger anerkannt und respektiert werden. So entsteht Raum für eine starke Identifikation mit dem Unternehmen.

Lean Management Baustein: “Der Mitarbeiter steht im Mittelpunkt”

In vielen meiner Workshops habe ich erlebt, welche Begeisterung entsteht, wenn Mitarbeitende die Chance erhalten, ihre Arbeitsprozesse eigenverantwortlich zu verbessern.

Ich kann mit voller Überzeugung sagen: Mitarbeitende möchten Veränderungen aktiv mitgestalten und Verantwortung dafür übernehmen!
Toyota entwickelte TPS, um Mitarbeiter zu Gestaltern des Unternehmenserfolgs zu machen. Denn die Toyota Manager haben sehr früh erkannt, dass jeder einzelne Mitarbeiter einen wichtigen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens leistet.
So stellt Lean jeden Einzelnen mit seiner Leistung und seinem Verantwortungsbewusstsein in den Mittelpunkt. Jeder ist dazu aufgefordert, selbstbewusst und eigenverantwortlich seine Aufgaben zu erfüllen und Verbesserungen vorzuschlagen.
Dieser Ansatz ist heute wichtiger denn je. Denn in Zeiten des Fachkräftemangels ist die Mitarbeiterbindung für Unternehmen essenziell.

Lean Management Baustein: “Kundensicht einnehmen”

Für mich persönlich liegt hier der spannendste Aspekt des Lean Systems. Jeder Prozess wird konsequent aus der Perspektive des Kunden analysiert. Und hier wird als Kunde nicht nur der Endverbraucher gesehen, sondern auch der “interne Kunde”. Genau dieser Aspekt macht in meinen Augen die Sache zu einer besonders pfiffigen Geschichte. 

Die Prozessentwicklung orientiert sich vollständig an den Bedürfnissen der Kunden. Was er sich wünscht, bezüglich Menge, Zeit oder Qualität , ist Ziel der Prozessverbesserungen.
Dies kann praktisch so aussehen.
Im Einzelhandel:
Die tägliche Warenanlieferung einer Filiale wird nach Lean-Prinzipien angepasst. Ware wird so vorsortiert angeliefert, dass diejenigen, die die Ware verräumen müssen, den geringsten Zeitaufwand haben. Kunde ist hier der Mitarbeitende, der die Ware verräumt. Ihm bleibt jetzt mehr Zeit für die Kundenbetreuung und damit erhöht sich die Wertschöpfung.

In der Unternehmenszentrale:
Die Bestellungen für den Bürobedarf werden nach Lean-Prinzipien angepasst. Ein zentrales Lager wird eingerichtet. Einzelbestellungen entfallen, Zeitaufwand verringert sich, Kosten für Porto entfallen, Rabatte können genutzt werden und Überbestände reduzieren sich.
Festgelegte Öffnungszeiten binden minimale Personalressourcen.
Digitale Dokumentenorganisation:
Eine standardisierte zentrale Ablagelogik reduziert die Suchzeiten für Dokumente für alle Beteiligten.

In allen Beispielen werden Ressourcen frei, die letztendlich für die Wertschöpfung genutzt werden können.

Lean Management Baustein: “Lieferkette verbessern”

Der Klimawandel zwingt uns heute verstärkt dazu, neue Wege zu gehen. Bedarfsgerecht zu produzieren, ist so aktuell wie nie. 

Die nachhaltige Verbesserung der gesamten Lieferkette ist ein wichtiger Stützpfeiler im Lean-Systems. Im Fokus steht nicht den Lieferanten mehr abzupressen oder Produktion ins Ausland zu verlagern. Vielmehr soll in der richtigen Menge ressourcenschonend produziert werden. Überschüsse reduzieren die Wertschöpfung. Dies gilt nicht nur in der Produktion selbst, sondern auch für Transport und Lagerhaltung.

Die Verbesserung erfolgt nach dem Leitsatz:
„Das richtige Material in der richtigen Menge zur richtigen Zeit“
„Just in Time“ ist ein weiterer Begriff, der in diesem Zusammenhang als Leitsatz gilt.

Lean Management Baustein: Wertschöpfung und Verschwendung

Lean trennt Arbeitsprozesse nach Wertschöpfung und Verschwendung. Wertschöpfung entsteht aus dem Endprodukt, wofür der Kunde bezahlt. Die Entstehung des Produkts ist die Verschwendung. Durch kontinuierliche Prozessverbesserungen wird die Wertschöpfung laufend gesteigert und die Verschwendung weiter reduziert.
Verschwendung wird in Verdeckte und Offensichtliche Verschwendung unterschieden.
Als Verdeckte kann man sich das Einräumen der Waren oder das abheften dokumentationspflichtiger Dokumente vorstellen. Diese Prozesse können nicht vermieden werden, aber sie können effizienter gestaltet werden. Sie kann nicht vollständig abgebaut werden.
Als Offensichtliche Verschwendung werden Prozesse gesehen, die vermeidbar sind und keinen Mehrwert für den Prozess bieten.

Bei einer sachlichen, faktenbasierten Analyse der Prozessfehler finden die Sieben Verschwendungsarten Anwendung.

Sieben Verschwendungsarten im Lean Management

In meiner Praxis erlebe ich, sobald der Fokus in der Prozessanalyse auf den Sieben Verschwendungsarten bleibt, werden unsachliche Vorwürfe unter den Beteiligten vermieden. So gelingt es, die anstehende Verbesserung zu einer Teamsache zu machen.

Lean Management Baustein: Verbesserung in kleinen Schritten

Auch hier ist Lean sehr praxisbezogen. Frei nach dem Grundsatz „just do it“ wird ein Prozess angepasst, verprobt und überprüft. Interessant ist, dass dabei ein Durchplanen bis ins kleinste Detail im Prozess nicht vorgesehen ist. Vielmehr steht die praktische Umsetzung im Fokus. 

Standards und Dokumentation helfen dabei, Erfolge und Misserfolge nachvollziehbar zu machen. In regelmäßigen Reviews werden sie geprüft, besprochen und wo nötig erneut angepasst. 

Dieser Kreislauf wird „PDCA“ genannt. Die einzelnen Buchstaben stehen für die englischen Begriffe:

  • P = plan (Plane neue Prozessanpassungen)
  • D = do (Führe deine neuen Anpassungen in der Praxis aus)
  • C = check (Prüfe den Erfolg der vorgenommenen Veränderungen)
  • A = act (Übernehme erfolgreiche Verbesserungen)


Dabei sollte man im Kopf haben, dass Veränderungen eine gewisse Zeit brauchen, bis sie in der alltäglichen Routine angekommen sind.

Je komplexer die Anpassung ist und je mehr Mitarbeitende daran beteiligt sind, desto mehr Zeit muss der Prozessveränderung gegeben werden, bevor ein Urteil über Erfolg oder Misserfolg gefällt wird.
Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass eine Prozessveränderung, die von ein bis zwei Mitarbeitern umgesetzt wird, bis zu vier Wochen braucht, um neu verinnerlicht zu werden.

Lean Management Baustein: Fehler sind Chancen

Fehler werden bei Lean als Chance zur Entwicklung gesehen. Daher werden sie von allen Beteiligten angstfrei und offen angesprochen. Alle in diesem System, von der Führungsebene bis zum Hausmeister, haben verstanden, dass nichts mehr Kosten verursacht als Fehler, die erkannt, aber nicht sofort behoben werden. 

Im Lean Management werden Fehler unmittelbar und da wo sie entstehen, beseitigt. In manchen Unternehmen kann fehlerhafte Produktionsware an jeder Stelle und von jedem Arbeiter in der Werksstraße ausgesteuert werden. Hier wurde erkannt, dass eine nachträgliche Fehleranalyse viel mehr kosten würde.
Ein offener Austausch über Fehler steigert die Produktivität. Daher sollte sich jeder Unternehmer eine Unternehmenskultur wünschen, in der seine Mitarbeitenden offen und konstruktiv Fehler an- und besprechen.
In der Realität erlebe ich immer wieder, dass wiederkehrend Aufwand betrieben werden muss, weil Fehler nicht thematisiert und beseitigt werden.

Führungskräfte verschwenden in Meetings mehr Zeit mit Schuldzuweisungen, statt mit der Suche nach geeigneten Lösungen.
Aktive Fehlervertuschung entsteht aus

  • Angst vor negativen Konsequenzen
  • Angst, Ansehen zu verlieren
  • Angst, Autorität zu verlieren
  • Angst, für inkompetent gehalten zu werden.

Lean Management schafft eine Unternehmenskultur, in der Fehler keine blockierenden Ängste auslösen.

Was ist Lean Management also?

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Lean mit seinen Bausteinen

  • eine kontinuierliche Verbesserung aller Prozesse in kleinen Schritten anstrebt.
  • Fehler als Entwicklungschancen betrachtet.
  • die vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Funktionsebenen stärkt.
  • Wirksamkeit und Gestaltungswille fördert und so die Resilienz der Mitarbeiter und des Unternehmens sich verbessert.
  • sich am Kundenbedarf orientiert.
  • agilere und daher wettbewerbsfähigere Unternehmen schafft.

Trotz seines Alters ist es ein System, das nicht zeitgemäßer sein kann.

Wenn es ganzheitliche und nicht als Kosteneinsparinstrument verstanden wird.