Lean Management einführen 8 Tipps

8 Tipps für die Einführung von Lean

Lean Management zielsicher einführen und Fehler vermeiden

Inhalt

Ja, das stimmt! Diese Aufgabe braucht einen langen Atem. Dazu kommt, dass nicht alle deine Begeisterung teilen und dir widerstandslos folgen werden. Du wirst Rückschläge erleiden und große Frustration erleben. Bald werden sich aber auch die ersten Fortschritte zeigen und das ist der Lohn für deinen Einsatz.
Ich höre immer wieder in meiner Praxis: „Lean ist super! Ich stehe da voll dahinter!“ Diese Aussage gilt exakt so lange, bis derjenige selbst ein Rädchen im Veränderungsprozess wird.
Das Anders machen, wird als besser machen verstanden und das Besser machen ist in vielen Köpfen als: “ich habe es nicht gut bzw. falsch gemacht”, gespeichert. Reflexartig erfolgt daher erst mal Gegenwehr.
Darauf vorbereitet zu sein und ein systematisches Vorgehen, vergrößern die Chancen auf optimalen Nutzen, wenn du Lean Management in deinem Unternehmen einführen willst.

Tipp Nr. 1: Fakten überzeugen rational, Geschichten emotional

Lean Management mit der ehrlichen Geschichte einzuführen, ist ein starker, erfolgversprechender Hebel, da Widerstände deutlich verringert werden.
Wir lieben unsere Gewohnheiten auf der Arbeit ebenso wie im Privatleben. Sie geben uns ein warmes Gefühl der Sicherheit.
Klar, dass das Aufgeben einer lieben Gewohnheit stark emotional besetzt ist. Allein mit Fakten wird es schwer, zu überzeugen und die Betroffenen mitzunehmen.
Wer überlegt, in seinem Unternehmen Lean Management einzuführen, hat einen drängenden Handlungsbedarf. Genau das ist die Geschichte, die alle Betroffenen klar und unverblümt in der vollen Dimension erst erzählt bekommen müssen. Wie gesagt, an Gewohnheiten halten wir ausdauernd fest. Jetzt geht es aber nicht mehr um die gewohnten Arbeitsabläufe, jetzt geht es um mehr. Die Gewohnheit, genau den Job zu haben, genau die Kollegen zu kennen, genau in dieses Unternehmen täglich gehen zu können, gerät in Gefahr. Um diese Gewohnheit aufrechtzuerhalten, ist man jetzt bereit, alte Gewohnheiten zur Disposition zu stellen. Jetzt überzeugen auch Daten und Fakten.

Tipp Nr. 2: Prozesse vollständig kartieren

In der Anfangszeit meiner Praxis habe ich sehr konsequent einen Fehler gemacht. Ich habe Mitarbeitende gefragt: „Welche Prozesse laufen aus eurer Sicht schlecht?“
Warum das ein Fehler ist?
Mitarbeitende erfahren Prozesse aus dieser Sicht:

  • Routine = läuft
  • Nervt = muss weg.

Sie verstehen nicht und akzeptieren schwer, dass häufig enormes Potenzial gerade in den routinierten Prozessen steckt, weil sie ja laufen. Nervt muss weg, bleibt aber bei den Mitarbeitenden eine dominante Forderung. Und dabei ist es ihnen egal, ob die Veränderung eine Prozessverbesserung liefert oder nicht.
So kartierst du deine Prozesse unabhängig von diesen Meinungen:

  • Notiere, wie viele Köpfe in welcher Abteilung an welchem Thema arbeiten.
  • Erfasse den Zeitbedarf der Themen.
  • Daraus errechnet sich eine prozentuale Verteilung deiner Mitarbeitenden auf die einzelnen Themen.

Jetzt liegen die grundlegenden Zahlen und Fakten vor, um die Verteilung deiner Manpower beurteilen zu können.

  • Stell die Frage, welche Themen direkt auf deine Wertschöpfung einzahlen.
  • Schau die Bereiche mit den höchsten Aufwänden und dem kleinsten Einfluss auf die Wertschöpfung genauer an.

Erfahrungsgemäß liegt dort, wo viel Arbeitskraft gebunden ist, ein interessantes Potenzial für Verbesserungen.
Um ein vollständiges Bild zu bekommen, werden Mitarbeitende abschließend noch befragt.

Einen letzten Tipp an dieser Stelle:
Verkompliziere deine Analysen und Dokumentationen im ersten Schritt nicht. Ansonsten läufst du Gefahr, nicht in die Umsetzung zu kommen.
Denk immer daran: Lean ist praktisch und verfolgt die Gedanken „just do it“ und „80/20″.

Tipp Nr. 3: Hol deine Führungskräfte ins Boot

Sie sind die Speerspitze angestrebter Veränderungen.
Verwende ausreichend Zeit, um sie in dein “Lean-Boot” zu holen. Haben sie nicht verstanden, WARUM Lean-Management für das Unternehmen wichtig ist, wird die Einführung mit großer Wahrscheinlichkeit scheitern.
Lege folgende Rettungsringe aus: 😉

  • Organisiere eine Auftaktveranstaltung und erzähle deine Geschichte.
  • Hebe das Warum und den Nutzen für das Unternehmen hervor.
  • Mach deutlich, dass das Thema Chefsache und alternativlos ist.
  • Veranstalte ein Planspiel mit ihnen, in denen Einwände diskutiert werden. So erfahren sie praktisch die Vorteile des Lean Managements und sind für die späteren Diskussionen in den Teams gerüstet.
  • Plane nach der Auftaktveranstaltung genügend und regelmäßige Zeiten für die Beantwortung aller Fragen ein.

Rechne aber nicht damit, dass mit den ausgelegten “Rettungsringen” alle sicher an Bord gekommen sind.

Die Veränderungskurve nach Kübler Ross zeigt: Schock und Verneinung sind typische Reaktionen auf Veränderungen!

Veränderungskurve nach Kübler Ross
Veränderungskurve nach Kübler Ross

Verneinung oder Widerstand erkennst du an Aussagen wie:

  • „Ich finde das generell richtig. Aber für meine Arbeit kann man das nicht anwenden denn ich habe keine Routinen.“
  • „Meine Prozesse sind schon super! Ich brauche mehr Personal.“
  • „Das habe ich schon immer so gemacht. Warum soll ich das jetzt ändern?“
  • Ich arbeite kreativ, da passt das Thema doch gar nicht.“
  • „Wir arbeiten schon mit Scrum, das passt nicht zu Lean.“

Nimm sie ernst und setze dich mit den Zweiflern auseinander. Bleib geduldig, führe weitere Gespräche, betreibe Aufklärung und gib immer wieder Raum für kritische Fragen.
Diese Fragen nutzt du, um eine FAQ aufzubauen.
So entsteht in den Antworten

  • eine einheitliche Sprache,
  • Transparenz,
  • Dauerhaftigkeit und Kontinuität,
  • und kein Raum für Deutungshoheiten bzw. Interpretationen.

Bei allen Zweifeln muss jedoch klar sein, die Veränderung wird in jedem Fall stattfinden.

Tipp Nr. 4: Die Mannschaft kommt an Bord

Ruf dir ins Bewusstsein, deine Führungskräfte sind der Motor für die Veränderung und deine Mitarbeitenden besetzen den Maschinenraum.

Sie sind die einzelnen Zahnräder. Sie müssen ineinandergreifen für reibungslose Abläufe.

In diese Abläufe greift das Lean Management nun ein. Also Achtung, sie sind von den Veränderungen unmittelbar betroffen. Es finden Eingriffe in ihre Routinen und damit verbundene Sicherheiten statt. Hier wird der Schock, die Verneinung und der Widerstand erfahrungsgemäß am Heftigsten ausfallen, wenn die Vorbereitung auf die Veränderung nicht mit der notwendigen Sorgfalt und Überzeugungsarbeit geleistet worden ist.
Um sie an Bord zu holen, gehst du gleich vor wie bei den Führungskräften.
Als ergänzende Schritte

  • machst du die erstellte FAQ öffentlich,
  • richtest du einen anonymen Briefkasten für weitere Fragen der Mitarbeitenden ein,
  • ergänzt du die FAQ regelmäßig um die Fragen, die im Briefkasten landen,
  • schaffst du Raum für regelmäßige Kommunikation Face to Face.

Willst du Lean Management einführen, schaffst du so die nötige Transparenz für eine nachhaltige Umsetzung.

Tipp Nr. 5: Lean Management einführen mit kartierten Prozessen

Konzentriere dich bei der ersten Verbesserungen auf Prozesse, die du ohne Mehrkosten verändern kannst. Als Leitgedanke gilt das Prinzip „no money, no space, no people“ für deine Verbesserungsmaßnahmen.
Bei der Auswahl der Prozesse hilft dir die erstellte Kartierung aller Prozesse. Erstelle dazu eine Matrix mit diesen Fragen:

  • Wie viele Fehler passieren in dem Prozess?
  • Welchen Abstimmungsaufwand fordert der Prozess?
  • Wie hoch ist der manuelle Aufwand im Prozess?
  • Gibt es bereits definierte Standards in diesem Prozess?
  • Hat der Prozess einen direkten Einfluss auf die Wertschöpfung?
  • Welche Hilfsmittel werden aktuell schon genutzt?

Anhand der Kartierung und dieser Matrix kannst du entscheiden, welcher Prozess das meiste Potenzial bietet.

Tipp Nr. 6: Lean Management einführen mit den betroffenen Mitarbeitenden

Nachdem der Prozess mit Potenzial gefunden ist, werden die Mitarbeitenden eingebunden. Stelle ein Workshop-Team zusammen, das den ausgewählten Prozess bis in die Tiefe analysiert und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung erarbeitet. 

Der Workshop braucht 

  • einen Moderator, der analytisch denkt, für Struktur im Workshop sorgt und die Gruppe zum Ergebnis führen kann. 
  • eine Gruppe Mitarbeitende, die direkt und indirekt Teil des Prozesses sind.
  • die Unterstützung und Akzeptanz der Vorgesetzten.  
  • Ansprechpartner, die bei Bedarf Zahlen, Daten und Fakten zum Prozess liefern können.

Deine Mitarbeitenden sind ab diesem Schritt von unschätzbarem Wert. Sie wissen/fühlen genau, was in diesem Prozess nicht funktioniert.

Im Workshop Lean Management einführen

In strukturierten Schritten erarbeiten die Teilnehmenden konkrete Prozessverbesserungen.

  • Prozess analysieren, um Verschwendung und Wertschöpfung zu finden.
  • Zahlen, Daten und Fakten zur Wertschöpfung und Verschwendung ausnahmslos ermitteln.
  • Pragmatisch und hemdsärmelig vorgehen. Eine Stoppuhr, Beobachtungen und Strichlisten führen schon zu interessanten Ergebnissen.
  • Optimierung priorisieren. Die größten und am leichtesten zu ändernden Themen im Prozess zuerst angehen.
  • Erarbeitete Standards unmittelbar kommunizieren, damit sie von allen ohne Verzug umgesetzt werden können.
  • Ergebnisse dokumentieren, damit alle sie nachlesen können.
    Ergebnisse zeitnah allen präsentieren, die am Prozess beteiligt sind.

Praxistipp für Workshop Moderatoren

Lean Management bietet eine unerschöpfliche Auswahl an Tools, die man im Workshop nutzen kann. Nutze sie mit Augenmaß. Du erreichst mit einer kleinen Auswahl an Tools bereits eine Menge.
Meine liebsten Tools sind:

  • Problem Ursachen Lösung Analyse (PUL)
  • Multimomentaufnahme
  • Spagetti Diagramm
  • Swimmlane
  • Prioritätenmatrix
  • To Do Liste

Dokumentiere unbedingt deine Ergebnisse und To Dos, damit du nach dem Workshop die Umsetzung nicht aus dem Auge verlierst.
Die Ergebnisse und To Dos umzusetzen, ist die wichtigste Aufgabe der Vorgesetzten. Denn es gilt: „Eine Regel ist nur so lange eine Regel, bis sie zum ersten Mal ungeahndet gebrochen wird“

Tipp Nr. 7: Lean Management einführen, kommuniziere regelmäßig

Die ersten Prozesse sind verändert. Ab jetzt ist es essentiell, deinen Mitarbeitenden regelmäßig mitzuteilen, wie sich die Veränderungen im Unternehmen auswirken. Sei dabei ehrlich und berichte über Erfolge und Misserfolge.
Eine offene Kommunikation sorgt dafür, dass

  • dein Team erkennt, dass die Veränderungen etwas bewirken.
  • dein Team erkennt, dass dir das Thema dauerhaft wichtig ist.
  • Jeder erkennt, dass er früher oder später Teil der Veränderungen wird.
  • die Akzeptanz kontinuierlich wächst.

Daraus entsteht langfristig:

  • Eine neue, positive Art, mit Fehlern umzugehen.
  • Eine abteilungsübergreifende und produktive Art der Zusammenarbeit.

Tipp Nr. 8: Lean Management einführen, fordert Routinen

Damit Lean Management einführen kein Strohfeuer wird, brauchst du eine dauerhafte Routine für Verbesserungsmaßnahmen.
Der PDCA-Kreislauf mit den folgenden Orientierungspunkten unterstützt die Entwicklung notwendiger Routinen.

  • Verbesserung planen (plan)
  • Plan ausführen (do)
  • Erfolg prüfen (check)
  • Verbesserungsmaßnahmen einführen (act)
PDCA Kreislauf
PDCA Kreislauf oder Demingkreis

Wenn es gelingt, mit deinem Team eine Routine zu entwickeln, in der die erreichten Verbesserungen kontinuierlich geprüft und weiterentwickelt werden, hast du erfolgreich Lean Management eingeführt.